Einst Tabuthema und als Schwäche verlacht, rücken Traumata nun immer mehr in den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Fokus. Und das zurecht! Denn Schätzungen zufolge leiden in Deutschland rund 26% der Männer und 18% der Frauen an Traumata, in den USA sind es sogar 61% bzw. 51%. Nicht alle von ihnen erleben auch Traumafolgestörungen, aber immerhin 4% der Männer und 12% der Frauen leiden unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es wird also Zeit, dass wir alle mehr über diese Erkrankung inmitten der Gesellschaft lernen!
Wie entsteht ein Trauma?
Wenn Menschen extreme Belastungssituationen erleben, in denen ihre eigene Unversehrtheit oder die ihrer Lieben bedroht ist und sie sich ängstlich und hilflos fühlen, können sie ein Trauma entwickeln. Mit einer solchen Extremsituation können unsere natürlichen Bewältigungsstrategien nicht immer umgehen und sind überfordert. Ein solches Trauma bringt verschiedene Nachwirkungen mit sich.
Formen der Traumafolgestörung
Psychische Folgeerkrankungen, die auf ein Trauma zurückgehen, werden unter dem Begriff Traumafolgestörung zusammengefasst. Diese treten oft erst innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Erlebnis oder manchmal auch noch später auf.
Die bekannteste Traumafolgestörung ist wohl die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Daneben zählen aber auch Depressionen, Burn-out, Suchterkrankungen, Dissoziative- und Persönlichkeitsstörungen oder Angst- und Essstörungen zu den Nachwirkungen eines Traumas.
Betroffene leiden dadurch beispielsweise unter Niedergeschlagenheit, Traurigkeit oder anhaltender Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Andere Symptome schließen Erinnerungsverlust an einen bestimmten Zeitraum des Lebens oder auch die Spaltung der Persönlichkeit in verschiedene Teile, die ein Eigenleben führen können, ein. Die Symptomatik hängt natürlich von der Art der Folgestörung ab und unterscheidet sich von Fall zu Fall.
Auch körperlich haben Traumafolgestörungen Folgen. So kann es bei dissoziativen Störungen zum Kontrollverlust über bestimmte Körperteile kommen. Suchterkrankungen haben oft schwere gesundheitliche Folgen, die sich nach dem Suchtmittel richten. Essstöungen haben häufig einen starken Gewichtsverlust zur Folge und können sogar tödlich enden.
Je nach Art des Traumas zieht dieses auch die entsprechende Folgestörung nach sich. Statistiken zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit einer PTBS als Traumafolge beispielsweise bei einer Vergewaltigung oder einem Kriegserleben mit um die 38% am höchsten ist. Nach einem Feuer oder einer Naturkatastrophe erleiden hingegen nur 4,5% der Betroffenen eine Traumafolgestörung.
Risiko- und Schutzfaktoren
Nicht jede Person, die eine traumatisierende Erfahrung durchlebt, muss auch eine Traumafolgestörung davontragen. Studien zufolge gibt es diverse Risikofaktoren, anhand derer sich die Wahrscheinlichkeit einer solchen Erkrankung ablesen lässt. Andererseits lassen sich von diesen Daten auch mögliche Schutzfaktoren ablesen, die Menschen davor bewahren, nach erschütternden Ereignissen Traumafolgestörungen zu erleben.
Generell scheinen das Alter und das Geschlecht in Bezug auf das Risiko eine Rolle zu spielen. Während Kinder und Jugendliche das größte Risiko haben, Traumafolgestörungen zu erleiden, ist es bei jungen Erwachsenen und Menschen mittleren Alters vergleichsweise gering. Im Alter steigt das Risiko wieder. Generell leiden mehr Frauen als Männer unter Störungen infolge von Traumata.
Auch Diskriminierung und Rassismus, dem People of Colour im Alltag häufig ausgesetzt sind, können die Entstehung von Traumafolgestörungen begünstigen. Gerade bei Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, ist das ein großes Problem und Psychologen fordern deshalb, die Bedürfnisse traumatisierter Menschen in Asylverfahren besonders zu berücksichtigen, um bestehende Traumata nicht weiter zu verschlimmern.
Zu den sogenannten Schutzfaktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer solchen Störung verringern können, gehören stärkende Vorerfahrungen, Sicherheit und Unterstützung aus dem sozialen Umfeld. Auch soziale Anerkennung und eine solide psychische Gesundheit vor dem Erlebnis können sich positiv auswirken.
Obwohl wir Traumata und ihre Folgestörungen nicht vorbeugen können, kann eine glückliche, liebevolle und sichere Kindheit den Grundstein für lebenslang stabile psychische Gesundheit legen. Wer diese nicht genießen durfte, kann mit stabilen sozialen Kontakten immer noch viel wettmachen, denn dieses Netzwerk hält uns, wenn wir schwere Zeiten durchmachen.
Quellen
Maercker & Augsburger: Die posttraumatische Belastungsstörung. (2019).