Wer heute an einem Trauma leidet, muss die belastende Situation nicht nur mit sich selbst ausmachen. Heute kann man Traumata mit verschiedenen Methoden immer besser behandeln. Eine besondere Behandlungsmethode dazu ist die Intensive Psychodynamische Kurzzeittherapie (IS-TDP). Sie wurde in den 1960er-Jahren von Professor Habib Davanloo, einem iranischen Psychoanalytiker und Forscher im Bereich der Psychiatrie und Professor im gleichen Bereich an der McGill-Universität in Kanada, erfunden.
Was genau ist IS-TDP?
Die Intensive Psychodynamische Kurzzeittherapie, als Abkürzung für ihren englischen Namen Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy kurz IS-TDP, ist eine psychotherapeutische Methode, die einen besonders schnellen Zugang zum Unbewussten ermöglicht.
Eine wichtige Grundlage des Behandlungserfolges der IS-TDP-Methode bildet die therapeutische Allianz oder die konstruktive, vertrauensvolle Beziehung zwischen Behandler:in und Patient:in. Sie ermöglicht eine konfrontative Herangehensweise an Ängste und Widerstände der Patient:innen, die diese Gefühle innerlich und symbolisch in Gedanken und Fantasien in der Therapie durchleben und überwinden können. IS-TDP kann grob in drei Phasen unterschieden werden:
Phase 1: Druck
Mit der Frage “Wie fühlen Sie sich mir gegenüber?” oder auch “Was fühlen Sie?” wird ganz bewusst die Gefühlswelt der Patient:in und damit das Unbewusste adressiert. Der Fokus liegt im Gegensatz zu anderen Behandlungsmethoden nicht auf dem bewussten, kognitiven, sondern viel mehr auf dem affektiven Wahrnehmen. Die emotionale Nähe und Verbindung mit der behandelnden Person bildet nicht nur die Vertrauensgrundlage für die weitere therapeutische Arbeit, sondern mobilisiert gleichzeitig verdrängte Gefühlskonflikte. Dabei wird den Patient:innen eine große Direktheit zugetraut und auch zugemutet.
Phase 2: Herausforderung
Besteht eine vertrauensvolle Grundlage für die therapeutische Arbeit und sind die Patient:innen stabil genug, kann eine hinterfragende, kritische Note Einzug in die Interaktion halten. Von der:die Therapeut:in wahrgenommene Widerstände werden direkt benannt und als störend und destruktiv entlarvt. Es wird so lange darauf eingegangen, bis die Patient:innen den Widerstand nicht nur selbst als störend wahrnimmen, sondern auch bereit sind, ihn aufzugeben.
Dabei ist es wichtig, dass Patient:innen sich nicht angegriffen fühlen, sondern wissen, dass es sich um ihre Verhaltensmuster, nicht ihre Persönlichkeit handelt, die hinterfragt wird. Ärger und Wut sind in diesem Prozess ganz normal, da Patient:innen sich mit ihren Verhaltensweisen oft identifizieren und sie nicht ohne Weiteres aufgeben.
Phase 3: Head-on-Collision
Dieser Phase bedeutet so viel wie “frontaler Zusammenstoß”. Patient:innen werden vor die Wahl zwischen einem Festhalten an der Abwehrreaktion und dem zugrundeliegenden Problem oder einem Aufgeben der Abwehrreaktion gestellt. Sind die bereit, ihre Blockaden aufzugeben, setzen Patient:innen sich aber auch Ängsten aus und das ist nicht einfach. Letztendlich ist es aber der Weg zur Befreiung von Blockaden, die im Zusammenhang mit Traumata entstanden sind.
Ziele einer IS-TPD- Behandlung
Der therapeutische Ansatz der Methode zielt auf vielschichtige, strukturelle Veränderungen bei Patient:innen ab. Es geht darum, die mit dem Trauma verbundenen Symptome dauerhaft zu heilen und gleichzeitig eingefahrene charakterliche Strukturen aufzubrechen und zu verändern, ohne von der traumatischen Erfahrung im Einzelnen berichten zu müssen, was eher retraumatisierend wirken würde.
Auch zwanghaftes Verhalten und selbstzerstörerische Beziehungsmuster, die Betroffene aufgrund ihres Traumas entwickelt haben, können unterbrochen und aufgelöst werden. Vor allem in der letzten Phase der Behandlung findet außerdem eine Integration und Versöhnung mit dem eigenen Lebensweg, der persönlichen Geschichte und der daraus resultierenden Selbstwahrnehmung statt. Dies ermöglicht seinerseits bessere, gesündere Beziehungen und eine verbesserte Selbstwahrnehmung.
Wie kann IS-TDP für die Behandlung von kPTSD eingesetzt werden?
IS-TDP hat sich im Zusammenhang mit komplexen posttraumatischen Belastungsstörungen (kPTSD) bewährt. Bei diesem Krankheitsbild hat die Behandlung einige Besonderheiten.
So legen Therapeut:innen ein besonderes Augenmerk auf die einleitende Stabilisierungsphase. Denn gerade für Patient:innen mit kPTSD ist es eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung, dass sie nicht nur eine vertrauensvolle Beziehung zur:m Therapeut:in haben, sondern auch Techniken zur Selbstberuhigung erlernen. Außerdem sollen sie ihre Selbstwahrnehmung und -fürsorge schulen und ihre inneren Ressourcen aktivieren.
Erst daraufhin geht die Behandlung in eine konfrontative Herangehensweise über, bei der Ohnmachtsgefühle durch das Trauma in Wut verwandelt und losgelassen werden, um dann in inneren Frieden übergehen. Durch diese emotionale Verarbeitung können Patient:innen einen Zugang zum Inhalt ihres Traumas und dessen zeitlicher Abfolge bekommen und Gedächtnislücken schließen. Auch Trigger, die bis dahin für viele kPTSD-Patient:innen unauflösbar waren, werden mithilfe von IS-TDP differenziert wahrgenommen und schnell aufgelöst.
Abschließend erfolgt auch hier eine Integrationsphase, in der die behandelnde Person den Patient:innen hilft, ihr Trauma in die eigene Lebensgeschichte einzuordnen. Das ist ein wichtiger Schritt, damit sich Betroffene im Jetzt wieder wohlfühlen und einen lebensbejahenden Standpunkt einnehmen.
Besonders Kriminalitäts- und Gewaltopfer profitieren von dieser Methode, weil das Wiedererleben der Situation hinfällig ist, sondern nur mit den verdrängten Emotionen gearbeitet wird.
Quellen
https://itsdp.de/is-tdp/
Gottwick und Orbes: Intensive psychodynamische Kurztherapie nach Davanloo. (2020).