Wer eng mit einem traumatisierten Menschen zusammenlebt, wird einschneidende Veränderungen bemerken. Oft verändert sich die Persönlichkeit von Betroffenen und man erkennt sie manchmal nicht mehr wieder. In vielen Fällen ziehen sie sich aus dem Sozialleben zurück oder verhalten sich aggressiv. Beides kann zu Kontaktverlusten im sozialen Umfeld führen, weshalb die bleibenden, nahen Bezugspersonen wie enge Freunde und Familie dann eine besonders wichtige Rolle einnehmen.
Wissen ist das A und O
Um einen traumatisierten Menschen begleiten zu können, ist es wichtig, sich in erster Linie über das Krankheitsbild und die damit einhergehenden Symptome zu informieren. Wer an einem Trauma leidet, kann beispielsweise mit Gedächtnislücken zu kämpfen haben. Traumatische Erlebnisse werden im emotionalen Gedächtnis gespeichert und zu diesen haben wir nicht immer bewusst Zugang.
Häufig haben Betroffene auch mit Depressionen und Suizidgedanken zu kämpfen und ihr Risiko, Abhängigkeiten zu entwickeln, ist erhöht. Sollten die Pläne für einen Suizid sich konkretisieren, sollten Betroffene in professionelle Behandlung gegeben und in eine entsprechende klinische Einrichtung eingewiesen werden. Wenn Sie das als Angehörige:r tun, ist es kein im Stich lassen, sondern ein verantwortliches Handeln, das Druck von den Schultern aller Beteiligten nehmen kann.
Wer ein Trauma erlebt, verliert damit oft auch das Vertrauen in bisherige Grundfesten des Lebens. Vor allem dann sind Vertrauen und Sicherheit aus dem nahen Umfeld eine wichtige Unterstützung. Dabei ist es wichtig, die Grenzen von Betroffenen ernst zu nehmen und zu akzeptieren.
Ganz praktisch sollte auf viel Routine und Kontinuität im Alltag geachtet werden. Das kann beispielsweise bedeuten, zu gleichbleibenden Tageszeiten aufzustehen und zu Bett zu gehen und geregelte Essenszeiten einzuhalten. Da viele Menschen mit Trauma zudem an Schlafstörungen leiden, kann gemeinsames Zubettgehen und damit ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit beim Einschlafen helfen.
Für Betroffene kann es schwer sein, die traumatischen Erinnerungen zu teilen, weil sie andere nicht belasten wollen. An dieser Stelle kann es als Angehörige:r helfen, sich stark zu zeigen und vor allem den Betroffenen Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken oder einfach nur dazusein. Reaktionen auf das Geteilte sollten ausgewogen sein, denn zu viel Mitgefühl kann Betroffene in eine kindliche Rolle und damit in eine Situation der Hilflosigkeit versetzen.
Beziehung trotz Trauma
Einem traumatisierten Menschen nahe zu sein und die ganze Schwere seines Traumas und dessen Folgen auszuhalten, ist als Angehörige:r nicht leicht. Man muss nicht nur lernen, Gefühle und Reaktionen des Gegenübers nicht auf sich zu beziehen, sondern auch damit umgehen, dass sich in der Beziehung unter Umständen alles eine Weile lang um das Trauma dreht. Zum Glück lassen sich Traumata inzwischen immer besser behandeln und es kommt auch wieder eine Zeit nach dem Trauma.
Im Zusammenleben mit einem traumatisierten Menschen kann es unweigerlich immer wieder zu Konflikten kommen. Dabei sollte immer klar sein, dass Gewalt eine rote Linie ist. Auch bei traumatisierten Menschen ist Gewalt nicht zu entschuldigen und Angehörige sollten sich auf keinen Fall selbst schuldig fühlen und den Betroffenen alles entschuldigen. Auch Gefühle wie Ärger und Ungeduld gegenüber einer traumatisierten Person haben ihren Platz.
Nur wer selbst genug hat, kann auch geben
In der Unterstützung und Fürsorge eines Menschen, der unter einem Trauma leidet, kann man sich aber auch schon mal verlieren. Wer selbst keine professionelle Ausbildung im psychischen Bereich hat, dem kann es durchaus schwerfallen, hier die richtige Begleitung zu bieten.
Besonders wichtig ist es, dass Angehörige und Bezugspersonen von Menschen, die mit Traumata umgehen müssen, lernen, auf sich selbst zu achten, immer wieder aufzutanken und selbst psychisch gesund zu bleiben. Denn nur aus dieser eigenen Stärke heraus können Sie Fürsorge bieten.
Dabei ist es ganz normal und sehr empfehlenswert, sich selbst professionelle Hilfe zu holen, um so ausgeglichener zu sein und Betroffenen mehr Halt bieten zu können. Als Angehörige:r kann man sich auch dann schon Hilfe holen, wenn Betroffene selbst vielleicht noch gar nicht bereit dazu sind. Es hilft in jedem Fall, mit den Schwierigkeiten im Zusammenleben mit einer traumatisierten Person umzugehen und kann außerdem eine wichtige Vorbildfunktion darstellen. Denn wenn Betroffene merken, wie viel besser es engen Vertrauten mit einer Therapie geht, trauen sie sich vielleicht auch selbst daran.
Genauso wie Sie als Angehörige:r einem Menschen mit Trauma wichtige Stütze sein kannst, sollten auch Sie nicht zögern, um Unterstützung aus dem Familien- und Freundeskreis zu bitten. Wenn Sie sich gern mit Menschen austauschen möchten, die vielleicht Ähnliches durchleben, können Sie auch in Selbsthilfegruppen Unterstützung finden.
Quellen
Roestel und Kersting: Einfache und komplexe posttraumatische Belastungsstörungen. (2008).
Knaevelsrud, Stammel und Boettche: Posstraumatische Belatungsstörung bei Folter- und Kriegsopfern. (2012).